Strickkunst im Atelierhaus mit Sabine Bleicher
“Ich finde es ganz wunderbar, dass es das Atelierhaus gibt . Als sich letztes Jahr die Möglichkeit bot, hier einzuziehen, war ich sehr dankbar!“
Juli 31, 2025
Sabine Bleicher kennt sich aus mit Garn, Nadel und Schnittform – nicht nur als Handarbeiterin, sondern als erfahrene Modedesignerin. Viele Jahre war sie in der industriellen Konfektion tätig, unter anderem bei namhaften Herstellern wie Gerry Weber. Heute arbeitet sie frei und selbstbestimmt im Atelierhaus in Gelsenkirchen-Ückendorf, wo sie mit Garnen experimentiert, Farbtöne mischt und einzigartige Strickstücke entwirft.
Was bei ihr entsteht, sind keine gestrickten Standardteile. Sabine entwickelt Kollektionen jenseits klassischer Muster. Oversized-Pullis, farbintensive Jacken oder großformatige Wohntextilien entstehen ohne Anleitung direkt aus dem Material, rein aus Intuition heraus. Im Atelierhaus hat sie dafür endlich den Raum, den sie immer gesucht hat: zum Ausprobieren, Kombinieren und sich austauschen.
Vom Modestudium zur freien Gestaltung
Sabines Werdegang beginnt klassisch: Sie studierte Modedesign in Hannover und arbeitete anschließend viele Jahre in der Bekleidungsindustrie. Ihre Stationen führten sie von Bielefeld bis nach Gelsenkirchen, wo sie heute lebt und arbeitet. Die Arbeit in der Industrie war erfolgreich, aber auch stressreich. Mit dem Ruhestand kam schließlich der Wechsel zur freien Gestaltung – ohne Zeitdruck, ohne kommerziellen Zwang.
Seit rund drei Jahren widmet sie sich intensiv dem Stricken. Dabei entwickelt sie eigene Prototypen, arbeitet aber auch auf Wunsch einzelner Interessierten. Besonders liegt ihr das Experimentieren mit Farben und Garnmischungen. Zwei- oder dreifädige Kombinationen, überraschende Übergänge, strukturstarke Garne: alles dient als Ausgangspunkt für neue Formen. Ihre Entwürfe entstehen nicht auf dem Papier, sondern direkt auf der Nadel.
Stricken als Experiment: Muster, Farben, Formen
Für Sabine beginnt jeder Entwurf mit einem Garn. Sie testet Farben, mischt Fäden, strickt Probemuster. Erst wenn die Kombination für sie stimmig ist, denkt sie weiter: Welche Form passt dazu? Welche Wirkung soll das Stück haben? Daraus entstehen Kleidungsstücke mit starker Eigenständigkeit. Manchmal als Einzelstück, manchmal in kleiner Serie.
Ein aktuelles Projekt ist ein gestricktes Kissen aus einem besonders voluminösen Garn. Weil herkömmliche Nadeln dafür zu unhandlich sind, strickt sie es mit den Fingern. Die entstehende Struktur erinnert an ein textiles Kunstobjekt. Genau das ist für Sabine der Reiz: Die Übergänge zwischen Mode, Design und Kunst auszuloten.
Sie präsentiert ihre Stücke regelmäßig auf Designmärkten, etwa dem ÜNIK ART-Designmarkt in Ückendorf. Dort verkauft sie einerseits direkt, andererseits nimmt sie individuelle Wünsche entgegen. Farbe, Größe oder Schnitt können auf Anfrage angepasst werden, alles in Handarbeit und mit persönlichem Blick.
Inspirieren lassen – von Kunst, Alltag und Umgebung
Sabine schöpft ihre Ideen aus vielem: Kunst, Street Art, Fotografie, Farben auf der Straße. Das KiezKulturFestival in Buer, Ausstellungen oder Gespräche mit anderen Kreativen regen sie genauso an wie ein interessantes Garn im Fachgeschäft. Was sie sieht, wandelt sie gedanklich in Textur oder Farbverläufe um. So entstehen aus flüchtigen Eindrücken konkrete Entwürfe.
Auch der Austausch mit anderen inspiriert sie. Von Beginn an war sie teamorientiert. Schon im Studium hat sie mit Kommiliton:innen gemeinsame Projekte umgesetzt. Diese Offenheit prägt auch ihre Arbeit im Atelierhaus. Ob spontane Kooperationen oder gemeinschaftliche Aktionen wie die gestrickten Pixelflächen für ein Straßenkunstprojekt – Sabine ist für kreative Experimente stets zu haben.
Gelsenkirchen als Lebensmittelpunkt
Sabine lebt seit 28 Jahren in Gelsenkirchen und hat die Entwicklung des Stadtteils Ückendorf bewusst miterlebt. Der Umzug dorthin war kein Zufall: Die Mischung aus kreativer Szene, sanierten Altbauten und kulturellem Potenzial hat sie überzeugt. Besonders schätzt sie die Offenheit der Menschen und den Gemeinschaftsgeist.
Dass sich in Ückendorf viel bewegt, erlebt sie täglich: neue Läden, Kunstaktionen, Begegnungsorte. Sie ist gut vernetzt mit Künstler:innen, Ladenbetreibenden und Nachbar:innen. Diese Verbundenheit macht das Arbeiten im Atelierhaus für sie besonders wertvoll: Es ist nicht nur ein Raum zum Stricken, sondern auch ein Ort des Austauschs und der Inspiration.
Wunsch nach mehr Sichtbarkeit und Verbindung
Trotz der positiven Entwicklungen sieht Sabine auch Potenzial für Verbesserung. Oft höre sie von Menschen aus anderen Stadtteilen, dass sie gar nicht wüssten, was in Ückendorf alles passiert. Gleichzeitig fehle auch der umgekehrte Blick: Der Austausch innerhalb Gelsenkirchens könnte größer sein, die Sichtbarkeit kreativer Projekte breiter.
Eine zentrale Informationsstelle, eine Stadtkarte der Kunst oder mehr schulische Kooperationen wären aus ihrer Sicht hilfreich. Jugendliche könnten so gezielter an künstlerische Angebote herangeführt werden und gleichzeitig mehr über das kreative Potenzial ihrer Stadt erfahren. Sabine bringt sich gerne ein, wenn es darum geht, solche Projekte zu realisieren.
Strickkunst mit Haltung und Herz
Sabine Bleicher verbindet Handwerk, Mode und Gestaltung auf persönliche Weise. Ihre Strickstücke sind keine Massenware, sondern tragbare Experimente inspiriert von Farben, Menschen und Momenten. Im Atelierhaus findet sie den Raum, den sie braucht, um kreativ zu arbeiten, sich mit anderen auszutauschen und neue Ideen umzusetzen.
Dass sie nach einem langen Berufsleben noch einmal völlig frei gestalten kann, empfindet sie als Glück und als Antrieb, weiterzumachen. Wer ihre Arbeiten sieht, erkennt schnell: Hier geht es nicht nur um Pullover, sondern um Ausdruck, Stil und echte Handarbeit.

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