Puppen bauen mit Sarah Schulze im Atelierhaus

Wo Styropor und Silikon Gestalt annehmen

“Also ich habe tatsächlich damals nur geplant zwei Jahre für mein Volontariat hier zu bleiben, habe dann hier aber auch die Liebe gefunden und mir jetzt hier ein Leben aufgebaut und deswegen bin ich auch hier. Ich komme eigentlich aus dem Osten aber NRW und den Ruhrpott habe ich dann doch irgendwie lieben gelernt.”

Juli 31, 2025

Sarah näht konzentriert an einem braunen Schaumstoffkopf in ihrem Atelier im Atelierhaus Ückendorf. Um sie herum stehen fertige Requisiten, darunter eine große grüne Ente, eine Theaterpuppe und eine fleischfressende Pflanze.

Im Atelierhaus in Gelsenkirchen-Ückendorf treffen ganz unterschiedliche künstlerische Disziplinen aufeinander. Eine davon ist die Arbeit von Sarah Schulze, die Puppen für Theaterproduktionen baut und dabei klassische Handarbeit mit modernen Techniken verbindet. Seit mehreren Jahren ist sie in der Requisite und als Bühnenplastikerin tätig. Neben ihrem Beruf im Musiktheater arbeitet sie selbstständig an freien Projekten – vom geschnitzten Styroporkopf bis zur digital modellierten Puppe.

Was bei ihr entsteht, sind keine Spielzeuge, sondern Charaktere: Jede Figur hat eine Funktion, eine Bühne, eine Geschichte. Ihr Beruf ist selten sichtbar, doch umso wichtiger für das, was auf der Bühne funktioniert. Im Atelierhaus hat sie endlich den Raum gefunden, diese Arbeiten nicht nur auszustellen, sondern weiterzuentwickeln.

Handwerk zwischen Bühne und Werkbank

Sarah kommt ursprünglich aus dem Osten Deutschlands und hat ihre Ausbildung zur Bühnenplastikerin an der Semperoper in Dresden begonnen. Nach mehreren Stationen – unter anderem beim WDR – arbeitet sie heute im Musiktheater in NRW. Dort ist sie für die Requisite zuständig, also für all jene Gegenstände, die auf der Bühne verwendet werden. Parallel betreibt sie ein Kleingewerbe als Puppenbauerin.

Ihre handwerkliche Spannbreite ist groß: Sie schnitzt Figuren aus Styropor, modelliert mit Ton, gießt Formen und arbeitet mit Latex, Silikon oder Stoff. Je nach Projekt wählt sie das passende Material und die passende Technik. Dabei entstehen Puppen in allen Größen. Manchmal realistisch, manchmal comicartig, manchmal mit ganz eigenem Ausdruck.

Ein Großteil ihrer Arbeiten entsteht im Auftrag für Theaterproduktionen. Ein Beispiel: die Puppen für „Der kleine Horrorladen“, die sie komplett in Handarbeit angefertigt hat. Aber auch Showproduktionen wie die Ehrlich Brothers oder kleinere private Projekte zählen zu ihren bisherigen Arbeiten.

Eigene Projekte zwischen Aufträgen

Obwohl sie hauptberuflich eingebunden ist, arbeitet Sarah immer wieder an freien, eigenen Projekten. In einer Ecke ihres Ateliers liegt eine halbfertige Ente aus Schaumstoff gefertigt, teilweise bemalt, aber noch nicht zusammengesetzt. Diese Arbeit ruht, weil immer wieder neue Aufträge dazwischenkommen. Es ist ein Spannungsfeld, das viele freischaffende Künstler:innen kennen: Der Spagat zwischen eigener Kreativität und bezahlter Arbeit.

Trotzdem behält sie ihre Ideen im Blick. Wenn die Zeit es zulässt, greift sie wieder zur Modelliermasse oder dem 3D-Drucker. Gerade in letzterem sieht sie Potenzial: Inzwischen entwirft sie Puppenköpfe digital und setzt sie per 3D-Druck um. Eine Technik, die neue Spielräume eröffnet, besonders bei filigranen oder komplexen Formen.

Ein aktuelles Projekt ist eine Abschiedspuppe für den Intendanten ihres Theaters. Der Kopf wurde digital modelliert und gedruckt, die restliche Figur entsteht in klassischer Handarbeit. Eine Puppe mit Persönlichkeit und mit dem typischen Blick für Detail und Ausdruck, der Sarahs Arbeit prägt.

Zwischen Technik, Theater und Zukunftsplänen

Was Sarah sich für die Zukunft wünscht? Mehr eigene Puppenprojekte, mehr Zeit für freie Arbeiten und langfristig vielleicht ein Leben nur als Puppenbauerin, ohne die Verpflichtung im Theateralltag.

Auch Veranstaltungen stehen auf dem Plan. In Kürze wird Sarah beim Puppet Art Festival in Düsseldorf teilnehmen. Ein Schritt, um sich in ihrem Bereich weiter zu etablieren. Wichtig ist ihr dabei nicht nur die Anerkennung, sondern auch der Austausch mit anderen, die ihre Leidenschaft teilen.

Figuren, die Geschichten tragen

Sarah kam ursprünglich für das Volontariat zur geprüften Requisiteurin nach Gelsenkirchen, nach ihrem Abschluss hat sie sich schließlich dazu entschieden zu bleiben. Heute lebt sie hier mit ihrem Partner, hat sich ein neues Zuhause aufgebaut und schätzt den Charme des Ruhrgebiets. Die Offenheit der Menschen, die kreative Szene in Ückendorf und die Entwicklung der Bochumer Straße empfindet sie als bereichernd.

Sie verbindet klassisches Handwerk mit modernen Techniken und macht damit Figuren, die mehr sind als Requisiten. Ihre Puppen erzählen Geschichten, haben Charakter und bewegen sich zwischen Bühne und Werkstatt, Auftrag und eigener Idee.

Im Atelierhaus hat sie dafür den nötigen Raum gefunden und in Ückendorf ein kreatives Umfeld, das sich noch weiter entfalten darf. Wer wissen möchte, wie aus Schaumstoff, Draht und Styropor Leben entsteht, sollte sich den Namen merken. Und vielleicht bei der nächsten Ausstellung oder dem Festival für Puppenspielkunst ein wenig genauer hinsehen.

Hier könnt ihr Sarahs Arbeit entdecken.

Neuste Beiträge
Wir freuen uns, wenn dir der Beitrag gefallen hat. Teile ihn gerne mit deinen Freunden. 
WhatsApp
Email
Facebook
Twitter
LinkedIn